Alkoholproblemen

Frauen und Alkohol

Alkoholismus ist nicht nur Männersache – immer mehr Frauen greifen zur Flasche. Laut Statistik kommt heute auf zwei alkoholkranke Männer eine alkoholkranke Frau. Während trinkende Männer oft noch gesellschaftlich akzeptiert werden (zur Männlichkeit gehört auch, dass der Mann einen ordentlichen Schluck verträgt), gilt die trinkende Frau in unserer Gesellschaft als verpönt – deshalb spielt sich die Sucht der Frauen meist im Verborgenen ab. Die typische Trinkerin trinkt heimlich zu Hause und alleine.

Alkohol ist ein Genussmittel, gleichzeitig aber auch eine Art Selbstmedikation – Alkohol ist legal und rezeptfrei überall erhältlich. Es gibt ihn in allen Preisklassen, so dass sich jede Frau ihn leisten kann, auch wenn sie von Hartz IV oder Grundrente leben muss. Viele Frauen greifen zur Flasche als Teil einer Überlebensstrategie oder als Möglichkeit und Mittel, das Leben erträglicher zu machen.


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Männer gleiten oft durch das Trinken in Geselligkeit in die Sucht ab – alkoholabhängige Frauen setzen den Alkohol gezielt ein, um mit psychischen Problemen fertig zu werden. Auffallend bei Frauen mit Alkoholproblemen ist häufig der Hang zum Perfektionismus. Den eigenen Ansprüchen nicht genügen zu können, lässt diese Frauen immer tiefer in die Sucht abgleiten. Trotz aller Emanzipation trägt noch häufig die (längst überholte) untergeordnete Rolle der Frau zur Suchtentstehung bei. Untersuchungen ergaben, dass jede dritte Alkoholikerin in ihrer Vergangenheit sexuell missbraucht wurde.

In Familien oder Partnerschaften, in denen die Frau trinkt, kommt es oft zu Gewalttätigkeiten. Die Gewaltbereitschaft gegenüber der Frau nimmt in Umfang und Intensität erheblich zu, je mehr sich die Alkoholkrankheit etabliert – Männer schlagen aus Frust zu, wenn sie ihre Frau betrunken vorfinden. Viele Frauen trinken aber auch, weil sie geschlagen werden. Im betrunkenen Zustand ist es ihnen oft gleichgültig, was mit ihrem Körper passiert.

Frauen werden schneller abhängig als Männer. Der weibliche Körper verträgt weniger Alkohol, aber auch eine Frau kann natürlich durch regelmäßigen Alkoholkonsum eine gehörige Toleranz aufbauen (durch die Gewohnheit wird mehr Alkohol "vertragen"). Entscheidend ist jedoch nicht die Alkoholmenge sondern die Blutalkoholkonzentration (BAK). Die BAK hängt mit dem Körpergewicht zusammen und Frauen bringen in der Regel nicht so viel wie Männer auf die Waage. Zudem besteht der weibliche Körper zu 50 Prozent aus Fettgewebe, bei Männern sind es 40 Prozent. Das Fettgewebe ist weniger gut durchblutet als das übrige Gewebe, welches höhere Anteile an Wasser besitzt. So wird die selbe Menge Alkohol im Körper eines Mannes stärker verdünnt, was sich in einer niedrigeren BAK wiederspiegelt. Außerdem wird Alkohol im männlichen Körper schneller abgebaut – dieser Prozess setzt bei Männern bereits durch bestimmte Enzyme im Magen ein. Bei Frauen werden diese Enzyme erst im Darmtrakt aktiv.

Alkoholabbau – bis die Leber streikt

Alkohol wird über die Leber abgebaut – ein regelmäßiger hoher Alkoholkonsum führt dazu, dass die Leber die Anzahl der Enzyme erhöht, die sie für diesen Abbauprozess benötigt. Auf Dauer entwickeln sich daraus eine vergrößerte Leber und eine Anhäufung von Fett – es kommt zur sogenannten Fettleber. Eine Fettleber kann sich durch Abstinenz regenerieren. Wird weitergetrunken, kommt es zu einer dauerhaften Schädigung, zerstörtes Organgewebe regeneriert sich nicht mehr. Es kommt zur Narbenbildung und das bedeutet den Beginn einer Leberzirrhose. Damit verbunden ist eine sinkende Toleranz gegenüber Alkohol, die im Stadium der vergrößerten Leber zunächst zugenommen hatte. Eine Leberzirrhose entsteht nicht von einem Tag auf den anderen; es ist eine schwere und gefährliche Erkrankung, deren Entwicklung bei Frauen schneller verläuft als bei Männern. Übrigens, die Leber selbst verursacht keine Schmerzen, sodass dieser Prozess oft unbemerkt abläuft! Es ist zu vermuten, dass eine durchschnittliche Frau mit einem Konsum von vier Gläsern alkoholischen Getränks bereits Gefahr läuft, sich eine dauerhafte Schädigung der Leber zuzuziehen, während ein Mann erst bei etwa der doppelten Menge gefährdet ist.

Hinzu kommt, dass Frauen häufig "Cocktails" aus verschreibungspflichtigen Medikamenten und Alkohol zu sich nehmen. Frauen neigen häufiger als Männer zu einem leichtfertigen Umgang mit Arzneimitteln.


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Frauen, die den Versuch unternehmen, abstinent zu leben, können nur mit wenig Unterstützung seitens des Partners rechnen. Auch die Rückfallgefahr ist bei Frauen größer als bei Männern. Alkoholkranke Frauen werden schneller von ihren Männern verlassen, als umgekehrt. Nicht selten werden Alkoholikerinnen zu Sozialfällen – vom Partner verlassen und fast chancenlos auf dem Arbeitsmarkt werden sie leichter rückfällig oder gleiten noch tiefer in die Sucht ab.

Es gibt unter Frauen laut einer Studie zwei typische Charakteristika:

TYP 1 - Merkmale

  • sie beginnen verhältnismäßig spät (ca. mit 25 bis 40 Jahren) Alkohol in höherer Dosierung zu trinken.
  • ihr Alkoholkonsum steht in direktem Zusammenhang mit Ereignissen oder Lebenskrisen, die sie erheblich belasten und die sie nicht bewältigen können.
  • sie werden von Schuldgefühlen geplagt – sie geben sich Schuld an allem, was um sie herum passiert.
  • sie haben große Minderwertigkeitskomplexe, sie entwerten sich selber und schätzen ihre eigenen Leistungen als gering ein.
  • sie leben in gutbürgerlichen Verhältnissen, sind häufig verheiratet und pflegen Kontakte zur übrigen Familie.
  • sie sind meist beruflich erfolgreich und haben einen geradlinigen Lebenslauf.
  • sie haben psychosomatische Störungen, bevor sie alkoholabhängig werden.

TYP 2 - Merkmale

  • sie beginnen früh (ca. mit 13 bis 20 Jahren) Alkohol in höherer Dosierung zu trinken.
  • ihr Alkoholkonsum steht in keinem Zusammenhang mit einem Ereignis oder einer konkreten Lebenskrise – sie stehen eher unter einer chronischen Anspannung.
  • man kann davon ausgehen, dass viele Alkoholikerinnen dieses Typs in ihrer Kindheit und Jugend misshandelt und missbraucht wurden.
  • sie machen eher anderen Schuldzuweisungen.
  • ihr Selbstbild ist gekennzeichnet von innerer Zerissenheit - Größenphantasien stehen unmittelbar neben Selbstentwertungen und Selbstbezichtigungen
  • ihre privaten Verhältnisse sind schwierig - auch als Erwachsene werden sie häufig von den nächsten Bezugspersonen misshandelt oder missbraucht.
  • sie haben meist ein gespanntes Verhältnis zur Familie
  • sie haben einen recht chaotischen Lebenslauf, was ihr beruflicher Werdegang angeht.

Anzumerken ist natürlich, dass eine so klare Trennung wohl kaum möglich ist, aber als grobe Richtlinie schien sie uns durchaus interessant.

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